Grundsatzurteil zu Preisreduzierungen durch den EuGH
Dieses Urteil wird massive Folgen für die Werbung im Handel haben: Laut dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) müssen Händler in ihrer Werbung mit Preisreduzierungen immer den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage angeben – auch wenn das Produkt zwischendurch teurer war. Die Rechtsprechung des EuGH schränkt damit die Werbemöglichkeiten des Handels zu Gunsten eines vermeintlich besseren Verbraucherschutzes weiter ein.
Der EuGH hat am 26. September aufgrund einer Vorlage des LG Düsseldorf (Az. 38 O 182/22) entschieden, dass bei einer Preiswerbung mit einem Preisvergleich wegen der neuen Pflicht zur Angabe eines Referenzpreises gemäß Art. 6 a Preisangaben-Richtlinie immer auf den Referenzpreis abzustellen ist (Az. EuGH C-330/23). Das LG Düsseldorf hat sich bei seiner anstehenden Entscheidung im konkreten Streitfall an dieser Auslegung zu orientieren. Dies bedeutet, dass bei einer Werbung mit einer Preisherabsetzung in Zukunft nicht mehr der bisher vom Händler ernsthaft verlangte Preis in Form von Streichpreisen oder prozentualen Preisherabsetzung in Bezug genommen werden darf, sondern der Referenzpreis den ausschließlich zulässigen Bezugspunkt für die Werbung darstellt.
Beispiel:
- Vom 02.09. bis 07.09. wird ein Sekt im Rahmen einer Sonderangebotskampagne für 2,99 Euro angeboten.
- Ab dem 08.09. wird wieder der reguläre Preis von 4,99 Euro verlangt.
- Am 01.10. streicht der Händler den regulären Preis von 4,99 Euro durch und wirbt mit dem herabgesetzten Preis von 3,99 Euro. Gleichzeitig weist er mit einem Sternchenhinweis darauf hin, dass der niedrigste Preis der letzten 30 Tage 2,99 Euro betragen hat.
Diese Werbung wäre nach der aktuellen EuGH-Rechtsprechung unzulässig, weil der Streichpreis dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage (Referenzpreis) entsprechen müsste. Der niedrigste Preis der letzten 30 Tage ist aber der Preis von 2,99 Euro. Damit ist im vorliegenden Fall eine Werbung mit einem Preisvergleich in der Praxis nicht mehr möglich, weil als Streichpreis der Preis von 2,99 Euro angegeben werden müsste. Erst nach Ablauf der 30 Tage könnte wieder (ab dem 09.10.) mit dem durchgestrichenen Preis von 4,99 Euro geworben werden, wenn dieser innerhalb des Zeitraums von 30 Tagen unverändert geblieben ist und damit dem „niedrigsten Preis der letzten 30 Tage“ entspricht.
Die vom EuGH vertretene Rechtsauffassung findet im Wortlaut der Norm keine Grundlage und widerspricht der Zielsetzung des europäischen Normgebers. Der EuGH verkennt, dass mit der neuen Referenzpreisangabepflicht in der EU-Preisangabenrichtlinie lediglich mehr Transparenz und eine bessere Verbraucherinformation bei Sonderangebotskampagnen des Handels gewährleistet werden sollte. Die europäischen Richter schränken nun aber ohne Not die praktischen Werbemöglichkeiten der Einzelhändler ein. Preiswerbung, die bisher nach dem Lauterkeitsrecht unstreitig zulässig war, wird nun verboten. Die Auffassung des EuGH, der Händler führe den Verbraucher in die Irre, wenn er bei der Preiswerbung den zuletzt ernsthaft verlangten Preis in Bezug nimmt, ist nicht nachvollziehbar, da im vorliegenden Fall der Verbraucher korrekt und eindeutig über den Referenzpreis informiert wurde. Die Möglichkeiten des Handels, in den Geschäften mit Sonderangeboten zu werben, werden durch die aktuelle Rechtsprechung unverhältnismäßig eingeschränkt. Im Ergebnis wird es weniger Preisreduzierungen geben. Das ist auch mit Nachteilen für die Verbraucher verbunden.
Welche Auswirkung die aktuelle Rechtsprechung auf die Möglichkeiten der abstrakten Preiswerbung z. B. mit den Worten „Sonderangebot“ oder „Preisreduzierung“ hat, ist offen. Wir betrachten die Feststellung des EuGH, eine fehlende Bezugnahme auf den Referenzpreis stelle eine Irreführung der Verbraucher dar, mit Sorge.